Refurbed Regulatory Update Februar I

von Paul Ploberger, am 13.02.2024

Das Regulatory Update ist eine in regelmäßigen Abständen erscheinende Serie, in der wir einen kurzen Überblick über die neuesten politischen Entwicklungen in den Bereichen Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit und Refurbishment geben. Es konzentriert sich hauptsächlich auf die EU-Ebene, da EU-Gesetze in 27 Mitgliedstaaten gelten und daher einen sehr starken Einfluss auf unsere gemeinsamen Nachhaltigkeitsbemühungen haben. Im heutigen Update: Eine Einigung zum Recht auf Reparatur, das EU-Klimaziel für 2040, die EU-Wahlen und ESG-Berichterstattung.

Smartphone-Reparatur, Foto von Anton Maksimov 5642.su auf Unsplash

Einigung zum Recht auf Reparatur erzielt!

In den frühen Morgenstunden des 2. Februars haben sich Verhandlungsführer:innen von EU-Parlament, Rat und Kommission auf das super wichtige Recht auf Reparatur geeinigt! Anscheinend waren die Verhandlungen bis zur letzten Minute sehr fordernd und angespannt, weil einige Länder (darunter Deutschland und Österreich) die fortschrittlichen Positionen des EU-Parlaments blockiert haben. Der endgültige Text liegt noch nicht vor, aber wie es aussieht, waren unsere letzten gemeinsamen Überzeugungsversuche mit EUREFAS (der European Refurbishment Association) und der Right to Repair Campaign erfolgreich und die endgültige Vereinbarung beinhaltet jene Aspekte, die für uns entscheidend sind!

Das sollte drinstehen (laut unserem Wissensstand):

  • Über die gesetzliche Garantie hinaus:
    • eine Verpflichtung für OEMs (Original Equipment Manufacturer, also Hersteller), „gewöhnliche Produkte“ - einschließlich Smartphones - zu reparieren;
    • eine Verpflichtung für Verbraucher, über die Reparaturpflicht des OEMs informiert zu werden;
    • die Möglichkeit für Verbraucher, während der Reparatur ihres Geräts ein Ersatzgerät zu leihen oder sich für ein refurbishtes Gerät als Alternative zu entscheiden;
    • kostenloser Online-Zugang zu indikativen Reparaturpreisen;
    • eine zusätzliche einjährige Verlängerung der gesetzlichen Garantie für reparierte Waren.
  • Belebung des Reparaturmarktes:
    • eine Verpflichtung für OEMs, Ersatzteile und Werkzeuge zu angemessenen Preisen verfügbar zu machen (!);
    • ein Verbot für OEMs, vertragliche Klauseln oder Hardware-/Softwaretechniken zu verwenden, um Reparaturen zu behindern. Insbesondere sollten sie den Einsatz von gebrauchten Ersatzteilen durch unabhängige Reparateure nicht behindern (!).
  • Erleichterung von Reparaturdienstleistungen in der gesamten EU:
    • Eine europäische Online-Plattform wird eingerichtet, um den Reparaturprozess zu erleichtern. Ziel ist, Verbraucher:innen zu ermöglichen, ganz einfach Reparaturwerkstätten und Händler von refurbishten Waren in ihrer Nähe zu finden;
  • Förderung erschwinglicher Reparatur:
    • Jeder Mitgliedstaat muss mindestens eine Maßnahme einführen, um Reparaturen zu fördern (wie Reparaturgutscheine und -fonds, Informationskampagnen oder – im Einklang mit bestehenden Steuervorschriften – eine Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes auf Reparaturdienstleistungen).

Das sind großartige Neuigkeiten und im Grunde das Ergebnis, auf das wir gehofft hatten! Es zeigt deutlich, dass es eine breite politische und öffentliche Unterstützung für Reparatur & Aufarbeitung gibt und dass es uns gemeinsam gelungen ist, Refurbishment von einem Nischenthema in den breiten Mainstream zu heben. Von diesem kommenden Gesetz wird der gesamte Sektor profitieren - jetzt bleibt abzuwarten, wie die großen Hersteller reagieren und ob Refurbishment auch ein prominenter Teil ihres Geschäftsmodells wird.

Nächste Schritte: Sobald die Richtlinie von Rat und EU-Parlament angenommen und im Amtsblatt der EU veröffentlicht ist, haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen.

Ein Aufschub bei der ESG-Berichterstattung

Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments hat die Verschiebung der Annahme branchenspezifischer ESG-Berichtsstandards um 2 Jahre genehmigt. Ursprünglich sollten laut der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) alle Berichtsstandards bis Juni 2024 angenommen werden. Der erste Teil dieser Standards (die Europäischen Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, oder ESRS) wurde 2023 angenommen und umfasst übergreifende ESG-Themen, über die alle berichtspflichtigen Unternehmen berichten müssen. Zusätzlich wird es einen zweiten Teil von Standards geben, der auf spezifische Branchen zugeschnitten ist - diese werden bis Juni 2026 verschoben.

Wir bei refurbed unterstützen die CSRD und umfassende Berichtspflichten von Unternehmen stark! Die CSRD ist ein großartiges Instrument, um sicherzustellen, dass Unternehmen öffentlich für ihr Verhalten zur Rechenschaft gezogen werden können. Der Umfang und die Tiefe der Berichtsanforderungen sind sehr umfassend - so wie es sein sollte, um ein vollständiges Bild zu erhalten und Greenwashing zu vermeiden. refurbed's erster Bericht ist Anfang 2026 für das Jahr 2025 fällig, also bereiten wir uns vor, um sicherzustellen, dass bis Ende 2024 alles vorbereitet ist. Der Arbeitsaufwand und die Menge der erforderlichen Daten, um alle Berichtspflichten zu erfüllen, sind ziemlich hoch, besonders beim ersten Durchgang. Diese Verzögerung gibt uns die Chance, uns mit den übergreifenden Berichtsstandards vertraut zu machen, bevor wir zu noch detaillierteren und aufwendigeren branchenspezifischen Standards übergehen. Außerdem hoffen wir, dass die kommenden branchenspezifischen Standards mit etwas mehr Vorlaufzeit veröffentlicht werden, bevor sie umgesetzt werden müssen, was uns mehr Zeit zur Vorbereitung gibt.

Die EU-Klimaziele für 2040 wurden veröffentlicht

Die Europäische Kommission hat am 6. Februar die EU-Klimaziele für 2040 bekannt gegeben - und sie hat sich für ein Emissionsreduktionsziel von 90% (verglichen mit den Werten von 1990) entschieden! Dies entspricht dem unteren Ende der vom Europäischen Wissenschaftlichen Beirat zum Klimawandel (European Scientific Advisory Board on Climate Change - ESABCC) befürworteten Zielspanne von 90-95%, basiert aber dennoch auf tatsächlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen (was an sich schon ein Gewinn zu sein scheint…) und sollte die EU auf Kurs bringen, das Pariser Klimaabkommen zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C zu erfüllen.

Das Klimaziel für 2040 ist wichtig, weil:

  1. Es der Halbzeitpunkt zwischen dem Ziel für 2030, die Emissionen um 55% zu senken, und dem Ziel für 2050, Netto-Null-Emissionen zu erreichen, ist. Es markiert den Beginn einer neuen Phase im Green Deal - jetzt geht es darum, diese Ziele tatsächlich zu erreichen.
  2. Es wird erwartet, dass es die Abhängigkeit der EU von fossilen Brennstoffen um 80% senkt und erneuerbare Energien, Kernenergie, Energieeffizienz, Speicherung, CCS, CCU, Kohlenstoffentnahmen, Geothermie und Hydro stärkt.
  3. Kohlenstoffentnahmen werden voraussichtlich eine große Rolle bei der Erreichung der Klimaziele spielen. Dies ist nicht ohne Risiko, aber es ist auch eine vielversprechende Technologie, in die wir als refurbed beschlossen haben zu investieren.
  4. Der Green Deal der EU wird sich nun auf die Industriepolitik konzentrieren, wobei die nächste Phase als „Industrielle Dekarbonisierungsvereinbarung“ beschrieben wird. Einer der Wachstumssektoren, auf den sich die EU-Kommission konzentrieren möchte, ist die Kreislaufwirtschaft (andere umfassen Batterien, Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen, Solar-PV, CCU/CCS, Biogas und Biomethan).
  5. Angesichts der weitverbreiteten Bauernproteste in vielen europäischen Ländern (einschließlich Brüssel) sah sich die Kommission gezwungen, ihre Pläne zur Reduzierung der landwirtschaftlichen Emissionen um mindestens 30% fallen zu lassen.

Im Juni 2023 haben wir eine Kampagne gestartet, um Menschen dazu zu bewegen, eine vorformulierte Antwort auf die offizielle öffentliche EU-Konsultation einzureichen. In unserer Antwort forderten wir ehrgeizige und wissenschaftsbasierte Ziele im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen und den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft. Das Ergebnis: Wir haben eine viel höhere Beteiligung erreicht, als wir erwartet hatten, und viel positives Feedback von unserer Community erhalten! Dass unsere Forderungen nun in den offiziellen Klimazielen der EU widergespiegelt sind, ist ein riesiger Gewinn für die Umwelt und die refurbed-Community!

Nun liegt es an der nächsten Europäischen Kommission (die nach den EU-Wahlen im Juni formiert wird), einen konkreten Gesetzesvorschlag auszuarbeiten, den wir für 2025 erwarten. Und es wird mindestens ein weiteres Jahr dauern, bevor das Ziel für 2040 formell angenommen und in das Europäische Klimagesetz aufgenommen wird.

Weitere EU-Hilfen für die Ukraine

Am 1. Februar konnten sich die 27 EU-Staats- und Regierungschefs doch noch auf ein Hilfspaket in Höhe von 50 Milliarden Euro für die Ukraine einigen. Eine kleine Gruppe von Staatschefs konnte Ungarns Viktor Orbán in letzter Minute mit drei (kleinen) Zugeständnissen überzeugen:

  1. ein jährlicher Bericht über die Umsetzung des Pakets durch die EU-Kommission,
  2. eine Debatte über die Umsetzung auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs,
  3. falls nötig, kann der Rat die Kommission nach zwei Jahren um eine Überprüfung des Budgets bitten.

Es scheint, dass die Taktik, Ungarns Forderungen mit der Drohung, Ungarn das Stimmrecht zu entziehen (das sogenannte Artikel-7-Verfahren), abzuwehren, sich bezahlt gemacht hat.

EVP rudert bei Verbrennungsmotoren-Verbot zurück

Die EVP-Gruppe im EU-Parlament (christlich-konservative Parteien, Mitglieder sind Parteien wie die österreichische ÖVP oder die deutsche CDU-CSU) möchte die Entscheidung aller drei großen EU-Institutionen, den Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotor bis 2035 zu verbieten, rückgängig machen. Dies steht in einem Entwurf des Parteiprogramms für die Europawahlen im Juni. Es war ein harter Kampf, dieses großartige Gesetz zu verabschieden, mit Verhandlungen bis zur letzten Sekunde (und einem bemerkenswerten politischen U-Turn Deutschlands).

Die Kehrtwende der EVP ist nicht nur dramatisch für die Umwelt und stürzt Autohersteller und Verbraucher:innen wieder in rechtliche Unsicherheit, sie ist auch ziemlich peinlich für Kommissionspräsidentin von der Leyen. Sie ist Mitglied der EVP und wird - höchstwahrscheinlich - die Spitzenkandidatin der EVP für eine weitere Amtszeit als Kommissionspräsidentin sein. Sie war auch diejenige, die den Green Deal vorantrieb und ehrgeizige Gesetzgebung, wie das Verbot von Verbrennungsmotoren, förderte. Es wird interessant sein zu sehen, wie sie mit dieser Diskrepanz umgehen wird. Leider passt der Schritt der EVP zu den Versuchen, Stimmen von der politischen Rechten zu gewinnen, wodurch sich die politische Mitte gefährlich weit nach rechts verschiebt.

EU-Wahlen 2024

Eine neue Umfrage des European Council on Foreign Relations (ECFR) sieht besorgniserregend für die EU-Wahlen im Juni aus. Sie deutet auf große Gewinne für die rechtsextreme Fraktion Identität & Demokratie (ID) hin, die 40 Sitze gewinnen könnte und damit zur drittgrößten Gruppe im Parlament wäre. Auch die rechte ECR-Gruppe (Europäische Konservative und Reformer) wird voraussichtlich Zuwächse verzeichnen. Die Umfrage behauptet jedoch auch, dass die aktuellen proeuropäischen Kräfte von EVP (Europäische Volkspartei), S&D (Sozialisten & Demokraten) und Renew (Liberale) es immer noch schaffen könnten, eine Mehrheit im Parlament zusammenzukratzen. In den letzten vier Jahren hielt die liberale Gruppe Renew Europe die Position des „Königsmachers“ im Parlament – das heißt, ohne ihre Unterstützung war eine Mehrheit nicht möglich. Sie werden diese Macht höchstwahrscheinlich verlieren, was die konservative EVP (die größte Gruppe im Parlament) zum alleinigen Gravitationszentrum der politicshen Macht machen wird. Sie werden höchstwahrscheinlich in der Lage sein, den/die nächste:n Kommissionspräsident:in zu wählen, und einige ihrer Mitglieder werden den Wechsel weg von einer linksgerichteten Mehrheit sicherlich nicht betrauern…


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